Vor einigen Tagen erhielt ich über Linkedin die Nachricht, dass ich es auf die Shortlist für den Outstanding Leadership Award der Health 2.0 Conference geschafft hätte. Die jährlich mehrmals in Dubai stattfindende Konferenz wird wieder im Dezember 2022 diesen Preis verleihen.
Ich hatte ja keine Ahnung. Man wolle das mit mir diskutieren.
Eine Seite in mir ist stets skeptisch und womöglich habe ich den Preis ja wirklich verdient. Nur konnte ich mir zum Zeitpunkt der Kontaktaufnahme nicht vorstellen, entlang welcher Verdienste ich es überhaupt auf die Shortlist geschafft haben sollte. Also fragte ich höflich nach.
Recherchen zur Health 2.0 Conference in Dubai
Ich selbst hatte noch nie etwas von der Health 2.0 Conference gehört. Natürlich gibt es eine Organisation, die sich darum kümmert. Es gibt über 50 verzeichnete Accounts auf Linkedin. Die meistens davon nutzen kein Foto. In den persönlichen Profilen hängt ein grünes Logo. Auch die Person, die mit mir im Briefwechsel steht, hat kein Foto und zeigt sich nicht mit vollständigem Namen. Spontan denke ich, es handelt sich um einen Praktikanten, der später selbst noch beruflich auf Linkedin aktiv werden möchte und nicht mit dem aktuellen Projekt in Verbindung gebracht werden will. Vielleicht werte ich zu voreilig, aber an »Outstanding Leadership« erinnert mich das nicht.
Meine Nachfrage wurde kurzfristig und ausführlich beantwortet. Ich sei als Nomonierter der Shortlist eingeladen, im Rahmen des Kongresses an einer »Recognition Session« teilzunehmen. In der Agenda aus dem März 2022 werden dafür tatsächlich zweimal pro Tag 30 Minuten eingesetzt. Mehr Informationen zur Recognition Session erhalte ich aktuell nicht. Ich vermute so etwas wie eine Vorstellungsrunde oder einen Pitch. Ein Panel, bei dem man sich bemerkbar machen soll. Ich soll immer noch einen Termin buchen, um mich dazu auszutauschen.
Warum gerade ich den Outstanding Leadership Award erhalten soll
Man habe online recherchiert und mich gefunden. Ich vermute, meine Aktivitäten auf Linkedin waren mit ausschlaggebend. Qualifiziert mich das schon als Leader? Innerer Widerspruch kann so hartnäckig sein.
Meine Reputation sei auffällig und natürlich mein Werdegang und meine akademische Laufbahn seien bei der Auswahl wichtig gewesen. Meiner Erfahrung und die Unterstellung, diese sei äußerst professionell, möchte ich gern nicken, verkneife mir das in einem Anflug an Bescheidenheit. Denn anscheinend zielt hier jemand auf meine Eitelkeit. Beim kreativen Denken, das mir der Account aus Dubai unterstellt, kann ich nicht mehr anders. Ansonsten sei mein online zu beobachtendes Leadership entscheidend. Nun gut.
Shortlist des Outstanding Leadership Award
Wie ich, stehen noch andere 399 Namen auf der Shortlist. Bis Dezember reduziert die sich noch einmal auf 100 mögliche Preisträger. In einem Telefonat soll diskutiert werden, ob die Recherche zu meiner Person stichhaltig sei und ob ich als einer von 100 Preisträgern infrage komme. Darüber entscheidet ein eigens zu diesem Anlass einberufenes Komitee.
Mir kommt ein Verdacht, meine Auswahl basiert eher auf Zufall und falls sich im Telefonat herausstellt, dass ich die Kriterien nicht erfülle, wäre ich auf jeden Fall aufmerksam geworden auf die Konferenz.
Die Chancen stehen also nicht schlecht, gemeinsam mit 99 anderen ausgezeichnet zu werden. Gerade wurde einer Hochrechnung zufolge die 8 Milliarden-Marke bei der Weltbevölkerung geknackt. Nie lebten mehr Menschen auf dem Planeten und ich soll einer von 100 sein, die den Outstanding Leadership Award erhalten. Immerhin.
Warum ich den Outstanding Leadership Award nicht erhalte
Wahrscheinlich stünden meine Chancen nicht schlecht, wenn ich den vorgeschlagenen Prozess durchlaufe, einen Online-Termin bei einem Linkedin-Account buche, dessen eigene Reputation für mich kaum überprüfbar ist und ich ein eloquentes Telefonat platziere, das mich auf die Liste der 100 bringt. Als heute allerdings eine weitere Nachricht von einem weiteren Account mit demselben Textblock kam, habe ich mich entschlossen, diesen Blogpost zu verfassen.
Natürlich handelt es sich hier um eine kreative Taktik, mich als Multiplikator zu akquirieren. Ich bin mir sicher, mit dem Telefonat ein Angebot zu erhalten, das ich nicht ablehnen könnte, wenn ich bereit bin, auf die Health 2.0 Conference mithilfe meiner Reichweite aufmerksam zu machen. Auf YouTube wirkt die Konferenz auf mich wie ein Meeting und ist mit hiesigen Ereignissen nicht zu vergleichen. Das wäre im Grunde kein Kriterium, wenn nicht 100 Preisträger ausgelobt werden sollten. Die Vermutung liegt nahe, den Sponsoren der Health 2.0 Conference eine Zahl potenzieller Teilnehmer anbieten zu können, die aus Outstanding Leadern besteht, die sich ausgezeichnet fühlen.
Fazit zur Health 2.0 Conference in Dubai
Ich möchte nicht missverstanden werden. Die Verleihung eines Awards, der nicht den Preisträger, sondern die Sponsoren in den Blick nimmt, ist nichts für mich.
Ich bin außerdem zu bescheiden und glaube, diesen Preis nicht verdient zu haben. Deute ich die ausgewerteten Medienartefakte richtig, finden Recognition-Sessions auf der Konferenz mit den 100 Preisträgern für den Outstanding Leadership Award statt. Die sitzen dann im Saal und dürfen sich zu einem vorgegebenen Thema bemerkbar machen und wahrscheinlich selbst feiern. Die Orgien für Selbstbestätigung meiner Szene sind mir gerade ohnehin ein Dorn im Auge. Da bleibe ich lieber zu Hause auf meinem Berg und fühle mich hier ausgezeichnet. Dazu gehört auch Leadership, wenn man es versteht, wie ich es im letzten Linkedin Newsletter als Zitat des unbekannten Unternehmers aufgeschrieben habe.
Ich habe meine Leute nie geführt. Ich habe mich einfach benommen.
Das tue ich jetzt auch. Der Konferenz wünsche ich ein gutes Gelingen, denn vielleicht steckt hinter dem aufstrebenden Geschäftsmodell eine gute Sache, die sich nur etwas in ihrer Taktik der Vermarktung irrt und dabei ausgerechnet an mich geriet.